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Zwischen dem Nutzungsbeginn und der kriegslagebedingten Aufgabe der Heereswaffenversuchsanstalt Peenemünde wurden im Entwicklungswerk verschiedene raketengetriebene Flugkörper entwickelt. Der Schwerpunkt hinsichtlich Budget, Personal, Infrastruktur und zugewiesenen Rohstoffen lag eindeutig auf dem Aggregat 4, also der unter dem Propagandanamen "V2" bekanntgewordenen Boden-Boden-Rakete. Das Entwicklungsziel war eine Großrakete, die etwa eine Tonne Nutzlast (vulgo Sprengstoff) in ein 300 Kilometer entfernt gelegenes Ziel (London) transportieren sollte.
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Zum Zeitpunkt Ende der 30er Jahre bestanden keinerlei Erfahrungen mit Raketen, deren Nutzlast und Reichweite dem Entwicklungsziel auch nur entfernt nahekamen. Ebenso gab es keine Erfahrungen, wie sich Körper verschiedener Form und Oberflächenbeschaffenheit bei Geschwindigkeiten von mehreren Mach verhalten. Ebensowenig gab es erprobte messtechnische Verfahren, Flugbahnen und Flugeigenschaften derartiger Körper zu untersuchen. Es war weitgehend unbekannt, wie sich die Verbrennung und Treibstoffförderung optimieren lässt.
Geraubte Schätze — aufgebrochener Stahlschrank im Entwicklungswerk.
Ein Wissenschaftlerteam mit den seinerzeit führenden Köpfen von Braun, Thiel und Riedel bekam unter dem militärischen Befehl von Major (später General) Dornberger den Auftrag diese Fragen zu klären, vor allem aber eine kriegswichtige, wenn nicht gar kriegsentscheidende Waffe zu konstruieren, zu erproben und für den Kriegseinsatz bereitzustellen. Eigens zu diesem Zweck wurde die gewaltige Anlage auf dem Peenemünder Haken der Insel Usedom errichtet und vervollkommnet.
Das Entwicklungswerk lässt sich in zwei (räumlich getrennte) Teile zerlegt denken:
In den Konstruktionsbüros wurden die Details der Rakete entwickelt und die Konstruktionspläne fortgeschrieben. In den Werkstätten und Werkhallen wurden Muster des jeweiligen Planungsstandes hergestellt. Folgende Werkstätten gehörten funktional zusammen:
Zu diesen funktionalen Gruppen gehörten zumeist eine Vielzahl von Einzelwerkstätten. Sie lieferten die jeweiligen Funktionsmuster an die Prüstände, in denen zumeist Detailerprobungen vorgenommen wurden (vgl. Prüfstand I). Einige Prüstände (vgl. Prüfstand VII) dienten der Erprobung des gesamten Aggregates 4.
Im Ergebnis war geplant, laufende konstruktive Änderungen im Entwicklungswerk auszuführen, die Serienfertigung des Aggregates 4 im Versuchsserienwerk durchzuführen und die Qualitätssicherung auf den Abnahmeprüfständen vorzunehmen. Ferner gab es Planungen, die installierte Kraftwerkskapazität des Kraftwerkes Peenemünde zu verdoppeln und so zumindest eine Treibstoffkomponente (Sauerstoffwerk) zum großen Teil in Peenemünde herzustellen.
Geografisch und militärisch war die Lage des Entwicklungswerkes auf Peenemünder Haken der Insel Usedom nahezu ideal. Abgeschieden, gut zu sichern und von einem Kiefernwald gut gedeckt, standen beträchtliche Flächen für die Anlage zur Verfügung.
Von der nach Norden führenden Hauptstraße getrennt lagen westlich der Straße die Büro-, Verwaltungs- und Sozialgebäude mit den Konstruktionsbüros und in östlicher Richtung die Werkstätten.
Die Peenemünder Werkbahn übernahm sowohl den Transport der vielen Tausend Beschäftigten als auch den Materialtransport in die Werkstätten und Werkhallen und den Transport der fertigen Erprobungsmuster zu den Prüfständen in nordöstlicher Richtung. Wo erforderlich, bewegten Feldbahnen weiteres Material.
Entwicklungswerk Peenemünde — unterirdische Hohlräume stellen eine Gefahr dar.
Östlich der Hauptstraße befanden sich von Nord nach Süd der Windkanal, Werkstätten, größere Werkhallen und Bahnanlagen. Innerhalb der Bürosiedlung befand sich ein Schutzbunker, um wenigstens einem Teil der Beschäftigten eine Zuflucht bei Luftangriffen zu bieten.
Im Südwesten schloss sich die Hauptwache an. Weiter im Süden lag das Versuchsserienwerk und in dessen Nähe die Abnahmeprüfstände.
Nach Kriegsende ließ die Rote Armee die kampflos eingenommene Anlage zunächst kartieren und katalogisieren. Sowjetische Fachleute versuchten anhand des Vorgefundenen zu rekonstruieren, was im Detail auf dem Peenemünder Haken geschah. Danach wurden alle transportablen Anlagenteile demontiert und in die Sowjetunion verschifft. Anschließend wurde ein alliierter Kontrollratsbeschluss dahingehend umgesetzt, dass eine deutsche Firma den Auftrag zur Zerstörung aller verbliebenen baulichen Anlagen der Heereswaffenversuchsanstalt Peenemünde bekam und ausführte.
Alsbald begann eine neue militärische Nutzung - zunächst von sowjetischen Marinefliegern, danach von der DDR-Luftwaffe. So war der Peenemünder Haken auf der Insel Usedom bereits kurz nach dem Kriegsende wieder militärisches Sperrgebiet. Auf dem Areal des Entwicklungswerkes wurden einige Straßen notdürftig repariert und fortgenutzt. Im Norden des Entwicklungswerkes errichtete die "Technische Dienstgruppe 9" des Jagdfliegergeschwaders "Heinrich Rau" hinter mehreren Ebenen Hochspannungszäunen Bunker und Lagerhallen für Bordbewaffnung.
Geborstenes Monument — Ruine des großen Schutzbunkers im Entwicklungswerk Peenemünde.
Der aufmerksame Beobachter kann heute folgende Anlagenteile entdecken:
Werk Süd)
Peenemünde Ost und West